ISO GPS meets Model-Based Definition (MBD)

Online-Seminar

Signifikante Effizienzsteigerung in Konstruktion, Produktion und Qualitätssicherung durch modellbasierte Produktdefinition (MBD) in Verbindung mit dem GPS-Regelwerk der ISO (ISO GPS) - Möglichkeiten, Herausforderungen und Grenzen

Unser Seminarkonzept - Ihr Nutzen

Unser Online-Seminarmodul zu "ISO GPS meets Model Based Definition (MBD)" hat eine Dauer von 3 h zuzüglich einer Pause von 0,25 h.

Um Ihnen die Möglichkeit zu geben, auch während des Online-Seminars Fragen zu stellen und mit dem Referenten oder der Gruppe in Kontakt zu treten, ist die Teilnehmerzahl für diese Online-Veranstaltung begrenzt. Um frühzeitige Anmeldung wird gebeten. Sollten Sie an einem Modul einmal nicht teilnehmen können, dann können Sie das Modul beim nächsten möglichen Termin nachholen, selbstverständlich kostenfrei.

Mit Beginn des Online-Seminars erhalten Sie zusätzlich eine Seminardokumentation auf dem neuesten Stand von Technik und Normung. Die Seminardokumentation ist didaktisch so aufgebaut, um sie als Nachschlagewerk für die Zeit nach dem Seminar verwenden zu können.

Selbstverständlich bieten wir Ihnen das Seminar zum Thema auch als firmeninterne Online-Veranstaltung und angepasst auf Ihre Produkte und Produktanforderungen anbieten. Wir freuen uns auf Ihre Anfrage.

Zum Thema

Die industrielle Produktion befindet sich in einem radikalen Umbruch. Die heutigen digitalen Möglich­keiten erlauben es, Produktentwicklungs-, Produktions- und Qualitätssicherungsprozesse durch die in­telligente Vernetzung von Software, Maschinen und Abläufen flexibler zu gestalten, zu automatisie­ren und zu optimieren. Mit einem sich immer stärker beschleunigenden Innovationsdruck durch die Di­gitalisierung und den Fortschritten künstlicher Intelligenz, erhöhen sich aber auch die Herausforde­rungen für die Konstruktion, Produktion und Qualitätssicherung.

Gerade im Bereich der Produktentwicklung besteht jedoch erheblicher Nachholbedarf. Während auf vielen Gebieten die Möglichkeiten der Digitalisierung zunehmend genutzt werden und die meisten Unternehmen 3D-Technologien bereits erfolgreich eingeführt haben, ist in der Produktentwicklung – abgesehen von einigen Bereichen, wie der Herstellung von  Spritz- oder Druckgussteilen sowie Blechkonstruktionen - trotz Nutzung von 3D-CAD-Systemen, die „klassische“ (2D) Technische Zeichnung noch immer unverzichtbar, da sie einerseits Informationen enthält, welche das Produkt voll­ständig beschreiben und über das digitale Modell derzeit nur unzureichend ausgetauscht werden können und anderseits Vertragsgrundlage der meisten Kunden-Lieferanten-Beziehungen darstellen.

Somit besteht noch immer die Notwendigkeit, das digitale 3D-CAD-Modell mit entsprechend hohem Zeit-, Personal- und Kostenaufwand wieder zweidimensional umzusetzen („Zeichnungsableitung“ in 2D-Ansichen, Beschreibung der nominalen Geometrie durch Maße, Ergänzung von Toleranzinformati­onen, usw.), um es in nachfolgenden Arbeitsschritten wieder „manuell“ in 3D-Informationen für den Fertigungs- und Qualitätssicherungsprozess zu „übersetzen“ (z. B. NC-Programmierung, Erstellung von Messprogrammen). Neben einem nicht unerheblichen Risiko hierbei Fehler zu implementieren, gehen bei diesem „Medienbruch“ zwischen Modell und Zeichnung viele Informationen beispielsweise zu Werkstoff, Toleranzen aber auch zu Fertigungs- und Qualitätssicherungsprozessen verloren, d. h. sie stehen damit im digitalen Prozess der Produktentstehung nicht mehr zur Verfügung. 

Abhilfe schafft die modellbasierte Produktdefinition (Model Based Definition oder MBD). Hierbei werden alle die Geometrie beschreibenden sowie zur Fertigung und Prüfung notwendigen Produktinformationen (Nenngeomet­rie, Werkstoff, Produktfertigungsinformationen/PMI, Toleranzen, u.v.m.) direkt am Modell definiert und können innerhalb des Unternehmens organisationsübergreifend (z. B. Produktion und Qualitätssiche­rung) aber auch von Kunden und Zulieferern gleichermaßen genutzt werden. Mit Hilfe von MBD wer­den also 3D-CAD-Modelle mit allen digitalen Informationen die für den Produktentstehungsprozess notwendig sind, ausgestattet.

Im Gegensatz zur menschenlesbaren Information auf einer 2D-Zeichnung (z. B. als PDF-Datei) werden durch entsprechende Annotationen direkt am CAD-Modell maschinenlesbare Informationen, z. B. im CAD-neutralen STEP-AP242-Format (ISO 10303-242), an die nachfolgenden Prozesse (CAD-CAM und CAD-CAQ/CMM) weitergegeben. Die „Übersetzung“ von Informationen aus einer Zeichnung in eine nachgeschaltete Software entfällt, die Effizienz steigt und die Fehlerquote sinkt. Heraus folgt eine nicht unerhebliche Einsparung von Zeit, Kosten und Ressourcen für alle der Konstruktion nachgelagerten Instanzen, wie zum Beispiel der Arbeitsvorbereitung und NC-Programmierung. Aber auch für Tole­ranzanalysen und für den Prozess der Angebotserstellung ergeben sich nennenswerte Vorteile. Die signifikantesten Ein­sparungen können aber bisweilen in der Qualitätssicherung durch direkte Übernahme der Toleranzin­formationen in die Messsoftware (CAD - CAQ/CMM) erzielt werden. Eine zeit- und kostenintensive Programmierung (Er­stellung von Messprogrammen) entfällt dabei weitgehend. Gemäß einer Studie des National Institute of Standards and Technology (NIST) kann MBD den Prozess von der Konstruktion über die Fer­tigung bis zur Qualitätssicherung um bis zu 80 % verkürzen.

In Zukunft wird es nicht mehr die Frage sein, ob MBD in ein Unternehmen eingeführt wird, sondern wie, und wann. Unternehmen müssen sich damit auseinandersetzen, MBD und damit einhergehend MBE (Model Based Enterprise) als gesamtheitlichen Prozess in das Unternehmen zu integrieren.

Das Problem: Notwendige Voraussetzung für die Nutzung von MBD, u. a. für Fertigungs- und Qualitäts­sicherungsprozesse, ist ein funktionsfähiges Toleranzmanagementsystem (insbesondere Toleranzspe­zifikation und Toleranzverifikation) auf Basis des GPS-Regelwerks der ISO (ISO GPS). Vielfach ist nicht bekannt, dass erst dieses Regelwerk die Grundlagen für die Symbiose mit der digitalen Welt schafft. Ohne ein fundiertes Ver­ständnis der Logik und der Mathematik hinter diesem - zugegebenermaßen komplexen - Regelwerk ist es grundsätzlich nicht möglich, MBD sinnvoll und effizient einzuführen und anzuwenden. Trainings rei­chen hierfür bei Weitem nicht aus. Die durchgängige „Maschinenlesbarkeit“, insbesondere der geo­metrischen Produktinformationen, er­fordern eine hinsichtlich Syntax und Semantik korrekte „Über­setzung“ der (meist mechani­schen) Funktionsanforderungen in standardisierte mathematische Operatoren. Diese ge­ometrische Codierung kann jedoch von keiner Software übernommen werden, sondern ist Teil des originären Konstruktionspro­zesses und liegt somit in der Verantwortung der Konstruktion (siehe auch ISO 8015).

Die technischen Hilfsmittel (wie geeignete Hard- und Software) in Konstruktion, Fertigung und Mess­technik stellen hier die kleinere Herausforderung dar. Die Unternehmen und insbesondere Mitarbei­tende in Konstruktion, Arbeitsvorbereitung, Produktion, Qualitätssicherung und Technischer Einkauf müssen bereit sein für Veränderungen, da die betriebliche Implementierung von MBD bisherige Pro­zesse signifikant verändert. Alle an der Produktentstehung Beteiligten, intern wie auch extern (Kunden, Lieferanten, Dienstleister), müssen in den Transformationsprozess rechtzeitig eingebunden werden. Ist es doch meist die Unwissenheit und das Festhalten an veralteten und gewohnten Vorgehensweisen, welche viele Unternehmen daran hindern, neue Wege, die letztlich wettbewerbsentscheidend sein können, zu gehen.

Seminarziel

    Das Seminar gliedert sich im Wesentlichen in zwei Teile: Einen allgemeinen Teil, welche die Möglichkeiten, aber auch die Herausforderungen der Nutzung der modellbasierten Produktdefinition thematisiert sowie einen technischen Teil, der unter der Verwendung normativer Werkzeuge anhand konkreter Beispiele erste Einblicke in die Welt der modellbasierten Tolerierung aufzeigt.

    Es sei an dieser Stelle explizit erwähnt, dass das Seminar keine CAD-Anwender-Schulung darstellt, sondern unabhängig von der verwendeten CAD-Software die Integration von Tolerierungswerkzeugen aus dem GPS- und TPD-Regelwerk der ISO (ISO GPS und ISO TPD) in das MBD-Umfeld aufzeigt und welche Möglichkeiten diese Integration bietet.

    Ein weiteres Ziel dieses Online-Seminars ist es, Ihnen anhand von konkreten und nachvollziehbaren Beispielen die Einschränkungen bei der Verwendung von 2D-Spezifikationen aufzuzeigen sowie die Umsetzung in 3D-Modelle zu erläutern und zu veranschaulichen.

    Nach dem Besuch des Seminars können Sie das Potenzial von MBD für Ihr Unternehmen abschätzen und Sie kennen mögliche Strategien für die betriebliche Implementierung. Diese Kenntnisse sollten es Ihnen ermöglichen, erste konkrete Schritte bei der Einführung von MBD in Ihrem Unternehmen einzuleiten, die damit verbundenen „Hürden“ zu meistern und mögliche Vorurteile gegen MBD und ISO GPS zu relativieren. Letztlich sind Ihnen jedoch auch die die Herausforderungen und die derzeitigen Grenzen der modellbasierten Produktdefinition bewusst.

    Notwendige Voraussetzung für die Anwendung von MBD ist ein funktionierendes Toleranzmanagementsystems auf Basis des GPS-Regelwerks der ISO. Planen Sie im Nachgang zu dieser ersten Veranstaltung die konkrete Einführung von MBD, dann können wir Sie hierbei selbstverständlich unterstützen.

    Sie lernen in diesem Seminar:

    • Den untrennbaren Zusammenhang zwischen dem GPS-Regelwerk der ISO (ISO GPS) und der modellbasierten Produktdefinition (MBD) kennen.
    • Signifikante in Regeln und Operatoren des GPS- und TPD-Regelwerks der ISO, die erforderlich sind, um MBD anwenden zu können.
    • Potentiale aber auch Herausforderungen und Grenzen von MBD erkennen und damit einhergehende Thematiken wie z. B. PMI (Produktfertigungsinformationen) und MBE (Model Based Enterprise) korrekt einzuordnen.
    • Strategien, um erste Schritte hinsichtlich ISO GPS und MBD in Ihrem Unternehmen erfolgreich zu implementieren.

    Seminarinhalte

    • Einblick in die Historie der Bemaßung und Tolerierung von Bauteilen
    • Begriffserläuterungen, wie z. B. ISO GPS, MBD, MBE, PMI
    • ISO 16792:2021 – Praktische Anwendungen von digitalen Produktdefinitionsdaten: Anforderungen an die Erstellung, Änderung und Präsentation digitaler, produktdefinierender Daten (Datensätze)
    • ISO 16792:2021 – Praktische Anwendungen von digitalen Produktdefinitionsdaten: Klassifizierungscodes für Zeichnungen und Datensätze (Assoziativität von 2D-Zeichnung und digitalem 3D-Modell)
    • Einschränkungen bei 2D-Zeichnungen und Lösungen im 3D-Datenformat, konkrete Anwendungsbeispiele
    • Modellwerte und Maße: Anforderungen für den Datensatz hinsichtlich Modellwertabfragen, theoretisch exakte Maße (implizit und explizit), Größenmaße und geometrische Spezifikationen
    • Runden ISO 80000-1 / ISO 8015 - Grundsatz der Dezimaldarstellung
    • ISO 1101 – Optionale Indikatoren zur Herstellung der Eindeutigkeit bei 3D-Spezifikationen (Zeichnung, Modell) – Schnittebenen-Indikator, Kollektionsebenen-Indikator, Orientierungsebenen-Indikator, Richtungselement-Indikator)
    • Zusammenhang und Abhängigkeiten zwischen dem GPS-Regelwerk der ISO (ISO GPS) und der modellbasierten Produktdefinition (MBD) bzw. Produktfertigungsinformationen (PMI)
    • Datenaustauschformate (nativ oder neutral, wie z. B. STEP AP242/ISO 10303-242) – Vor- und Nachteile
    • Betriebliche Implementierung von MBD und eines Toleranzmanagementsystems auf Basis des GPS-Regelwerks der ISO: Möglichkeiten und Herausforderungen für Konstruktion, Arbeitsvorbereitung, Fertigung, Messtechnik und Technischer Einkauf
    • Erweiterte Sichtweise betroffener Bereiche: Auswirkungen der betrieblichen Implementierung von ISO GPS und MBD auf Kunde, Lieferant und Dienstleister
    • ISO GPS und MBD – Vision, Realität und künftige Entwicklungen