Oberflächenrauheit, Oberflächenkenngrößen und Oberflächenmesstechnik

Alles Wissenswerte zur Oberflächenbeschaffenheit Profil und Fläche (Inhouse)

Oberflächenkenngrößen und Prüfbedingungen richtig interpretieren, funktionsgerecht festlegen, eindeutig und vollständig spezifizieren, definitionskonform verifizieren (ISO 21920- und ISO 25178-Normenreihe) und wesentliche Normänderungen kennen

Zum Thema

Die Oberfläche hat einen ent­schei­denden Einfluss auf die Le­bens­dauer und somit auf die Qualität ei­nes technischen Pro­duktes. Sie muss da­her in der Kon­struktions­zeichnung funktionsgerecht fest­ge­legt, eindeutig und vollständig spe­zi­fiziert sowie definitionskon­form verifiziert werden.

Mit der Einführung des GPS-Normen­systems der ISO insbesondere aber der Normenreihe ISO 21920-1 bis 3 (Oberflächenbeschaffenheit Profil) sowie ISO 25178-1 bis -701 (Ober­flächenbeschaffenheit Fläche) ha­ben sich auch die internationalen Standards zur ein­deutigen und funktionsgerech­ten Charakterisie­rung von Ober­flä­chen signifikant weiterentwickelt und teil­weise auch grundlegend ge­än­dert (u. a. Symbolik, Spezifikationsoperatoren und Default-Regeln). Diese Tat­sa­che ist in der kon­struk­ti­ven Pra­xis noch weit­ge­hend unbe­kannt. In der Folge werden auch heute noch veral­tete und im Sinne der funktionalen Beschrei­bung der Oberfläche un­brauch­bare, unvoll­ständige oder mehr­deutige Ober­flä­chen­kenn­größen gewählt. Zudem stehen die Spezifikationsoperatoren mit der heute ausnahms­los gelten­den in­ternatio­nalen Nor­mung nur selten in Ein­klang.

Die Spezifikation unvollständiger, nicht funktions­ge­rechter und nicht eindeutiger Oberflächenanga­ben kann erhebliche Auswirkungen auf die Si­cher­heit und Ver­füg­barkeit der Produkte ha­ben. Da­bei hängen wich­tige und zum Teil si­cher­heitsre­le­vante Funktions­an­for­de­rungen, wie zum Beispiel Dicht­heit, Ermü­dungsver­halten des Werk­stoffs o­der Ver­schleiß, in ho­hem Maße von der Ober­flächenbe­schaf­fenheit ab.

Da Konstruktionszeichnungen bei externer Fertigung rechtsverbindliche Vertragsdokumente sind, geht ein auf die fehlerhafte Spezifikation der Oberflächenbe­schaffenheit zu­rückzuführender Schaden, im Sinne der Pro­dukt­haftung, in der Regel zu Las­ten des Erstellers der Konstruktionszeichnung.

Ein weiteres Problem stellt die weitgehende Un­kennt­nis des Einflus­ses der Mess­bedingungen, wie zum Bei­spiel Tast­system, Filterart und Nesting-In­dices (z. B. "Cut-Off") auf das Messergebnis dar. Ge­rade diese Be­din­gungen müssen jedoch sorgfältig ausgewählt und ggf. mit der zur Ver­fügung stehenden Symbo­lik in der Produktspezifikation auf Basis der in den in­ternationalen Stan­dards verfügbaren "Werk­zeuge" eindeutig und voll­ständig beschrieben werden. Nur so­mit kann das Messer­geb­nis richtig interpretiert und eine Kau­sa­lität zwi­schen Messer­gebnis und Funktion herge­stellt wer­den.

Letztlich sind Vereinbarungen, die auch ohne ex­pli­zite Spezifikation, alleine durch Vereinbarung des GPS-Re­gelwerks der ISO verbindlich sind („De­fault-Re­geln“) weitgehend unbekannt und haben sich mit der Einfüh­rung u. a. der neuen ISO 21920-Normenreihe signifi­kant ver­ändert. Dies kann sehr schnell zu Re­klamatio­nen oder gar zu Rechtstreitigkeiten zwi­schen den Ver­tragspart­nern führen. Be­kannte Beispiele hier­für sind die Toleranz­akzeptanzregeln (z. B. 16 %- bzw. die Höchst­wert-Tole­ranzakzeptanzregel) oder die stan­dardmäßi­gen Nesting-Indices (z. B. „Cut-off“) und Prüf­bedingun­gen nach ISO 21920-3.

Seminarziel

Das Seminar führt Sie auf anschauliche Weise, Schritt für Schritt in die aktuelle Nor­mung zur Be­schreibung der Oberflächenbeschaffenheit sowie in die Oberflächenmesstechnik ein und vermittelt Ih­nen die gemäß ISO 21920-1 bis -3 wich­tigsten im Tastschnittver­fahren ermittelbaren Kenn­größen zur funktionsge­rechten Beschrei­bung techni­scher Ober­flächen ("2D-Kenngrößen"). Die Lehr­in­halte werden an­hand einer Viel­zahl pra­xisge­rech­ter Bei­spiele und Übun­gen veran­schau­licht und vertieft. Die wichtigs­ten Default-Regeln und signifikante Normänderun­gen werden besprochen. Darüber hinaus erhalten Sie Praxistipps für die messtechnische Umsetzung. Eine zusammenfassende Übersicht der flächenhaf­ten Verfahren ("3D-Kenngrößen") nach ISO 25178-1 bis -701 runden das Semi­nar ab.

Seminarinhalte

Themenbereich 1: Einführung
  • Die Konstruktionszeichnung – Ein rechtsverbindliches Vertragsdokument
  • Konsequenzen einer fehlerhaften, mehrdeutigen oder nicht normkonformen Konstruktions­zeich­nung – Wer haftet im Schadensfall?
Themenbereich 2: Normung und GPS-Regelwerk der ISO
  • Geometrische Produktspezifikation (GPS) – Das GPS-Matrixmodell der ISO (ISO 14638:2015)
  • Übersicht der wichtigsten aktuellen Normen zur Beschreibung der Oberflächenbeschaffenheit
  • Einordnung der Normen zur Oberflächenbeschaffenheit in das GPS-Matrixmodell der ISO
Themenbereich 3: Grundlagen
  • Funktion einer Oberfläche (typische Beispiele)
  • Geometrische Merkmale (Dimension, Form, Richtung, Ort, Lauf und Oberflächenbeschaffenheit)
  • Gestaltabweichungen – Begriffe und Ordnungssystem (DIN 4760)
Themenbereich 4: Oberflächenmesstechnik
  • Taktile Tastschnittmessgeräte und Tastschnittverfahren
  • Berührungslose (optische) Messsysteme
Themenbereich 5: Filterung
  • Profilkomponenten - Primär-, Welligkeits-, Rauheitsprofil und Form
  • Weshalb sind Filter notwendig (Beispiele)?
  • Prinzip der Profiltrennung durch Filter
  • Ermittlung des Primär-, Welligkeits- und Rauheitsprofil sowie Formabweichungen aus dem messtechnisch erfassten Profil (mechanisches Profil)
  • Profil-F-Operator zur Entfernung von Formanteilen – Nichtfilterassoziationsverfahren und Spezifikations­ele­mente
  • Gauss-Filter nach ISO 16610-21:2011
    - Eigenschaften und Anwendung des Gauss-Filters
    - Einfluss der Wahl des Nesting-Index (Cut-off) auf das gefilterte Profil beim Profil-S- und Profil-L-Filter und somit auf das Messergebnis
  • Weitere Filter:
    - 2RC-Filter nach DIN 4768-1 (zurückgezogen)
    - Sonderfilter nach ISO 13565-1

Auf Kundenwunsch:

  • Gauss’sche Gewichtungsfunktion und Profil-S-Filter (Langwellenpassfilter)
  • Übertragungscharakteristik des Profil-S-Filters
  • Nesting-Indices - Grenzwellenlänge (Cut-off) und Wellenzahl pro Umdrehung (UPR)
  • Profil-L-Filter (Kurzwellenpassfilter)
  • Übertragungscharakteristik des Profil-L-Filters
Themenbereich 6: Prüfstrategie und allgemeine (standardmäßige) Prüfbedingungen
  • Erfassung (Extraktion von Messwerten)
  • Korrekte (normkonforme) Wahl von Messort und Messrichtung
  • Berücksichtigung von Oberflächenunvollkommenheiten (z. B. Kratzer), wichtige Normänderungen
  • Toleranzgrenzen
  • Toleranzakzeptanzregel
  • Wahl des Filtertyps sowie des standardmäßigen Nesting-Index für das Profil-S-Filter
  • Wahl des Filtertyps sowie des standardmäßigen Nesting-Index für das Profil-S-Filter (für W-Parameter) bzw. des Profil-L-Filters (für R-Parameter)
  • Tastspitzenradius nach ISO 21920-3 und ISO 3274:1996
  • Wahl der Auswertelänge (früher: Messstrecke) sowie der Abschnittslänge (früher: Einzelmessstrecke)
  • Filtervor- und Nachlaufstrecken
  • Messunsicherheit sowie Entscheidungsregeln für den Nachweis der Konformität oder Nichtkonformität mit Spezifikationen (ISO 14253-1)
Themenbereich 7: Oberflächenkenngrößen (Definition und funktionsgerechte Anwendung)
  • Historische Entwicklung der Oberflächenparameter (kurze Einführung)
  • Übersicht und Einteilung der Oberflächenparameter (ISO 21920-1)
  • Grundlagen: Zerlegung durch die Identifizierung von Hügeln und Tälern, Bezugslinie und Bezugslinienalgorithmus zur Ermittlung von Kenngrößen basierend auf Spitzenhöhen und Talsohlentiefen (z. B. maximale Höhe Rz) sowie basierend auf Profilelementen
  • Wichtige Kenngrößen des P-, W- und R-Profils
  • Profilpunktkenngrößen (Auswahl am R-Profil)
    - Arithmetischer Mittelwert der Höhe (Ra)
    - Quadratischer Mittelwert der Höhe (Rq)
    - Schiefe (Rsk)
    - Gesamthöhe (Rt)
    - Materialanteilfunktionen und davon abgeleitete Kenngrößen: Materialanteil- bzw. Abbott-Firestone Kurve, Schnitthöhe, relativer Materialanteil Rmr(p,dc) und Höhendifferenz der inversen Materialanteile Rdc(p,q)
    - Kenngrößen zur funktionsgerechten Beurteilung von Oberflächen mit plateauartiger Charakteristik basie­rend auf der Materialanteilkurve: Kernhöhe Rk, reduzierte Spitzenhöhe Rpk, reduzierte Talsohlentiefe Rvk, Fläche der Hügel Rak1 und Fläche der Täler Rak2
  • Merkmalkenngrößen
    - Mittlere (Rp) und maximale Spitzenhöhe (Rpt)
    - Mittlere (Rv) und maximale Talsohlentiefe (Rvt)
    - Maximale Höhe (Rz)
  • Nicht mehr genormte Kenngrößen nach DIN 4762 und DIN 4768 wie z. B. Ra, Rz, Rmax oder Rt
  • Zuordnung von Oberflächenkenngrößen zu den Funktionsanforderungen
  • Zuordnung numerischer Grenzwerte ausgewählter Oberflächenkenngrößen (Ra und Rz) zum Fertigungsver­fahren

Auf Kundenwunsch: 

  • Wasserscheidenzerlegung zur Ermittlung von Kenngrößen basierend auf Merkmalen (z. B. Zehn-Punkt-Höhe R10z)
  • Zehn-Punkt-Höhe (R10z)
  • Dominante Welligkeit (VDA 2007) und Kenngrößen der dominanten Welligkeit (WDSm, WDc und WDt)
Themenbereich 8: Toleranzakzeptanzregeln
  • Höchstwert-Toleranzakzeptanzegel (Tmax)
  • 16%-Toleranzakzeptanzegel (T16%)
  • Verbindliche Procedere zur Verifizierung der Einhaltung der 16%-Toleranzakzeptanzegel (ISO 21920-1)
  • Median-Toleranzakzeptanzregel (Tmed) – Eigenschaften und Anwendungsmöglichkeiten
  • Normative Änderungen der Default-Festlegungen und Konsequenzen für Auftragnehmer und Auftraggeber
Themenbereich 9: Spezifikation der profilhaften Oberflächenbeschaffenheit (Spezifikationsoperatoren)
  • Graphisches Symbol
  • Mindestangabe mit festgelegten Defaults
  • Mindestangabe ohne festgelegte Defaults
  • Vollständige Angabe
Themenbereich 10: Themen aus der Praxis der Rauheitsmessung
  • Umgang mit Formabweichungen (Beseitigung von Formanteilen, Profil-F-Operation)
  • Kurze Auswertelängen – Strategien zur Problemlösung
  • Oberflächenunvollkommenheiten (ISO 8785) - Teil der spezifizierten Oberfläche?
  • Drallmessung
Themenbereich 11: Normkonforme Zeichnungseintragung
  • Allgemeine Regeln
  • Anordnung des graphischen Symbols
  • Allgemeine Oberflächentolerierung
  • Vereinfachte Zeichnungsangaben
  • Angabe unterschiedlicher Anforderungen an ein Geometrieelement
  • Angabe von Oberflächenrillen und Bearbeitungsspuren (mit und ohne Bezug)
  • Angabe der Messrichtung (mit und ohne Bezug)
  • Beispiele für normkonforme Spezifikation von Oberflächenanforderungen
Themenbereich 12: Oberflächenbeschaffenheit Fläche („3D-Oberflächenkenngrößen“)
  • Angabe der flächenhaften Oberflächenbeschaffenheit in der Produktspezifikation (graphisches Symbol, Steuerelemente, Beispiele)
  • Übersicht der wichtigsten Oberflächenkenngrößen nach ISO 25178-2
  • Anwendungsbeispiele für flächenhafte Oberflächenkenngrößen wie z. B. statische und dynamische Dichtheit („Drall“)
Themenbereich 13: Normen und Literatur
  • Hilfreiche Literatur zur Beschreibung der Oberflächenbeschaffenheit im Tastschnittverfahren und durch flä­chenhafte Verfahren
Themenbereich 14: Abschlussdiskussion und Klärung offener Fragen
  • Klärung offener Fragen und Verständnisfragen aus dem Teilnehmerkreis sowie Diskussion firmenspezifi­scher Fragestellungen
  • Tipps für die Weiterarbeit nach dem Seminar
  • Zusammenfassung der wichtigsten GPS-Normen der ISO zur Oberflächenbeschaffenheit Profil und Fläche

Seminarinformationen und Download Seminarprogramm

Unser aktuelles Seminarprogramm mit Nutzen, Inhalten und Zielen des Seminars zu "Oberflächenrauheit, Oberflächenkenngrößen und Oberflächenmesstechnik (ISO GPS)"

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Seminarinformationen
Seminardauer:  2 Tage
Seminartyp:Inhouse
Code:GPS-TEX Inhouse
Abschluss:Zertifikat
Bonus:Zugang zum Kundenbereich

 

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