ISO GPS - Das Normensystem verstehen und richtig anwenden

Das ISO-GPS-Regelwerk verstehen, richtig anwenden sowie erfolgreich und effizient betrieblich einführen, durch ein umfassendes Verständnis der Inhalte sowie Kenntnis der Herausforderungen und Risiken

Zum Thema

ISO GPS - ein Begriff, der sich zunehmend in den Entwicklungsabteilungen, der Produktion aber auch in der Qualitätssicherung herumspricht. Dennoch: Auch mehr als ein Jahrzehnt nach Einführung der ersten nutzbaren GPS-Standards ist noch immer nicht ausreichend bekannt, was hinter dem Normensystem wirklich steckt, welchen Nutzen aber auch welche Herausforderungen und Risiken die betriebliche Einführung eines intelligenten Toleranzmanagementsystems auf Basis von ISO GPS für die Unternehmen mit sich bringt und weshalb das Normensystem künftig notwendige Voraussetzung für die modellbasierte Produktbeschreibung als Baustein der "Industrie 4.0"-Philosophie ist.

Das GPS-Normensystem der ISO (GPS = Geometrische Produktspezifikation) ist ein komplexes, umfassendes Normenwerk, mit dem Ziel widerspruchsfreie Regeln und Operatoren bereitzustellen, die es erlauben, geometrische Merkmale, wie z. B. Größenmaß, Form, Richtung, Ort oder Lauf in technischen Spezifikationen vollständig und eindeutig zu beschreiben. Weiterhin umfasst das Normenwerk Regeln für einen eindeutigen Nachweis der Konformität des gefertigten Produkts mit den spezifizierten Anforderungen (Verifikation). Letzteres schließt die zugehörigen Messmittel, die Kalibrierverfahren für diese Messmittel sowie die Messunsicherheit mit ein.

Kurz gesagt: ISO GPS - eine auf Operatoren basierende komplexe „geometrische Sprache" - definiert und legt widerspruchsfrei für alle relevanten geometrischen Merkmale die Symbolik, die Toleranzmerkmale, die Merkmale der zugehörigen Geometrieelemente am gefertigten Werkstück, die Anforderungen für den Vergleich zwischen Messergebnissen und Spezifikation, die Anforderungen an die Messung sowie an die Messgeräte und schließlich die Kalibrierung und Kalibrierverfahren für diese Messgeräte fest.

Am Ende des betrieblichen Implementierungsprozesses von ISO GPS stehen eindeutige und funktionsorientierte Produktspezifikationen in einer weltweit für die Entwicklung, Produktion und Qualitätssicherung verständlichen geometrischen "Sprache". Bei richtiger Einführung und Anwendung der Standards hat dies für die Unternehmen vielfältige Vorteile, wie zum Beispiel:

  • Signifikante Reduzierung des internen und externen (Kunden und Lieferanten) Kommunikationsbedarfs
  • Vereinfachung der Produktdokumentationen mit einer geringeren Anzahl zu prüfender Merkmale
  • Vermeidung von "Angsttoleranzen"
  • Geringere Entwicklungs-, Fertigungs- und Qualitätskosten sowie kürzere Entwicklungszeiten
  • Verminderung der Produkthaftungsrisiken, insbesondere bei sicherheitsrelevanten Produkten

Und noch mehr: Eine eindeutige geometrische Produktbeschreibung mit Hilfe des GPS-Regelwerks der ISO erlaubt es künftig, die bereits im digitalen Datensatz (CAD-Modell) enthaltenen und eindeutig definierten geometrischen Informationen für nachgelagerte Fertigungs- und Qualitätssicherungsprozesse zu nutzen. Hierdurch wird nicht nur der Zeitaufwand für die Konstruktionsdokumentation, die Produktion und die Qualitätssicherung reduziert, vielmehr wird auch die Gefahr u. a. von Redundanzen, Inkonsistenzen, Mehrdeutigkeiten und Fehlinterpretationen weitgehend vermieden und somit die Fehlergefahr bei gleichzeitiger Erhöhung der Produktqualität vermindert. Kurz: Da alle notwendigen Angaben aus einer Quelle stammen, können Produkte sicherer, effizienter und kostengünstiger entwickelt, produziert und geprüft werden.

Die Erfahrung zeigt jedoch, dass viele Anwender, insbesondere in Konstruktion und Entwicklung sowie Qualitätssicherung und Messtechnik bereits beim Verständnis der - zugegebenermaßen komplexen - Norminhalte scheitern oder die einschlägigen Regeln mitunter falsch anwenden, mit der Konsequenz, dass mehr als 80 % aller Produktspezifikationen teilweise erhebliche Tolerierungsfehler beinhalten und die Funktionsanforderungen nicht eindeutig beschreiben. Zudem wird nicht selten fehlerhaft, d. h. nicht korrekt im Sinne der geometrischen Spezifikation geprüft - mit den bekannten, teilweise weitreichenden Konsequenzen für die Produktqualität, die Entwicklungs-, Fertigungs- und Prüfkosten, die Produkthaftung sowie die interne und externe Kommunikation.

Regelmäßig wird versucht, ohne konkretes und tiefgreifendes Know-How über die einschlägigen Regeln des GPS-Normenwerks der ISO und deren Auswirkungen, ohne professionelles Coaching und mit einem häufig viel zu knapp bemessenem Zeit- und Kostenbudget, eines der zwischenzeitlich größten Normenwerke der ISO in ein- oder zweittägigen Seminaren betrieblich einzuführen. In der Regel führt diese Vorgehensweise nicht zum gewünschten Erfolg. Die betriebliche Implementierung eines Toleranzmanagementsystems auf Basis des GPS-Normenwerks der ISO ist vielmehr ein mehrjähriger Prozess, der einer gründlichen Planung, der konsequenten Umsetzung und eines innerbetrieblichen Expertenteams bedarf. Die Einführung des Regelwerks hat das Potenzial gewohnte Abläufe in den Entwicklungsabteilungen aber auch in der Qualitätssicherung mitunter signifikant zu verändern.

Damit Mitarbeiter und Unternehmen einen wirtschaftlichen Mehrwert durch Einführung des Normensystems haben, müssen Trainingsinhalte und Implementierungsprozess an die spezifischen Kundenanforderungen sowie die Produkte und die Vorkenntnisse der Mitarbeiter angepasst und auf die konkreten Produkte und Produktanforderungen angewandt werden. Die Erklärung von Regeln und Spezifikationselementen (Modifikatoren) sowie das Rezitieren von Norminhalten oder die Vermittlung von Lehrbucherkenntnissen führt erfahrungsgemäß nicht zum Ziel.

Seminarziel

Ziel dieses zweitägigen Seminars ist es, Ihnen einen fundierten Überblick über den Aufbau und die wichtigsten Inhalte des GPS-Normensystems der ISO zu geben. Die wichtigsten (voraussichtlichen) Normänderun­gen in den kommenden Jahren werden Ihnen bekannt sein. Nach dem Besuch des Seminars können Sie abschät­zen, welches Potenzial die "GPS-Werkzeuge" bereithalten, insbesondere um die Entwicklungs-, Ferti­gungs- und Prüfkosten sowie die interne und externe Kommunikation mittelfristig in Ihrem Unternehmen zu reduzieren, die Pro­duktqualität zu stei­gern und gegebenenfalls Produkthaftungsrisiken zu minimieren und somit nicht zuletzt die Wettbewerbsfähigkeit Ihres Unternehmens sicherzustellen.

Ein weiteres Ziel des Seminars soll Ihnen mögliche Strategien einer effizienten betrieblichen Implementierung von ISO GPS aus unse­rer langjährigen Erfahrung heraus aufzeigen. Thematisiert werden soll jedoch auch der damit ver­bundene Aufwand sowie die eventuellen Risiken. Sie sollten am Ende des Seminars letztlich abschätzen können, ob sich eine be­triebliche Einführung lohnt und wann ggf. mit der Einführung unumkehrbar begonnen werden sollte.

Als nützlicher "Nebeneffekt" des Seminarbesuchs wird es Ihnen möglich sein, die Qualität Ihrer Pro­duktspezifikationen (Konstruktionszeichnungen) als auch die zugehörigen Prüfprozesse im Kontext der heute gültigen Standards richtig zu beurteilen und ggf. sinnvolle und zielgerichtete erste Optimie­rungsschritte einzuleiten.

Inhalte

Themenbereich 1: Das ISO GPS-Normensystem - Aufbau, Rechtsverbindlichkeit, Dokumentenarten und modellbasierte Produktbeschreibung
  • Aufbau des GPS-Normensystems der ISO - Das GPS-Matrix-Modell der ISO (ISO 14638:2015)
  • Die Technische Produktdokumentation: Ein rechtsverbindliches Vertragsdokument
  • Recherchemöglichkeiten für ISO-GPS-Normen
  • Dokumentenarten mit GPS (ISO/TS 21619)
  • Modellbasierte Produktbeschreibung (Model-Based Definition) als Baustein der "Industrie 4.0"-Philosophie - Sind "Technische Zeich­nungen" heute noch zeitgemäß?
Themenbereich 2: Die wichtigsten GPS-Normen der ISO und ihre zentralen Inhalte
  • ISO 8015:2011: Fundamentale Regeln, Konzepte und Prinzipien für die Erstellung und richtige Interpretation von Produktspezifikationen
  • ISO 14405-1:2016, -3:2016: Wichtige "Default-Regeln" kennen und mit dimensionellen Merkmalen Funktionsanforderungen richtig beschreiben
  • ISO 14405-2:2018: Unbrauchbare Spezifikationen ("Zeichnungseintragungen") erkennen und sicher beseitigen 
  • ISO 1101:2017: Grundlegende Regeln und Werkzeuge für eine funktionsorientierte geometrische Tolerierung
  • ISO 1660:2017: Linien- und Flächenprofilspezifikation, Profilspezifikationen ohne Bezüge, richtungs- und ortsgebundene Profilspezifikationen
  • ISO 5459:2011: Bezüge und Bezugssysteme funktions-, prüf- und kostengerecht spezifizieren, unbrauchbare Bezüge erkennen und sicher beseitigen
  • ISO 2692:2014: Maximum-Material- und Wechselwirkungsbedingung (MMR und RPR): Werkzeuge zur Kostenreduktion in Produktion und Qualitätssicherung
  • ISO 17450-3:2016: Grundlegende Default-Regeln für integrale und abgeleitete tolerierte Geometrieelemente
  • ISO 14253-1:2017: Wer hat Recht? - Entscheidungsregeln für den Nachweis von Konformität oder Nichtkonformität mit Spezifikationen
Themenbereich 3: Die wichtigsten Regeländerungen und neue "Tolerierungswerkzeuge"
  • ISO 1101:2017: Die wichtigsten Regeländerungen und neue Modifikatoren und Spezifikationselemente ("Tolerierungswerkzeuge") kennen und richtig anwenden
  • ISO/DIS 5459.2:2019: Erweiterte Möglichkeiten der Funktionsbeschreibung durch Verwalten von Freiheitsgraden sowie geplante Regeländerungen der Bezugsbildung
  • ISO 5458:2018: Elementgruppen und kombinierte geometrische Spezifikationen - Die wichtigsten Regeln und Anwendungsbeispiele
  • ISO 16792:2015, ISO/DIS 16792:2020 und VDA 4953-2:2015: Modellbasierte Produktbeschreibung, zeichnungslose Produktdokumentation und Verfahrensregeln für die digitale Produktdefinition
  • Das GPS-Normensystem der ISO als notwendige Voraussetzung für die modellbasierte Produktbeschreibung
  • ISO/DIS 22081:2019: Allgemeine dimensionelle und geometrische Spezifikationen anstelle mehrdeutiger Allgemeintoleranzen
  • ISO 21204:2020:  Eindeutige Beschreibung von definierten Übergängen zwischen Geometrieelementen
Themenbereich 4: Die 10 häufigsten Tolerierungsfehler in Konstruktionszeichnungen - Normen die Sie meiden sollten
  • Checkliste der häufigsten Tolerierungsfehler - Fehlerhafte Spezifikationen sicher erkennen und korrekt beseitigen
  •  "Angsttoleranzen" - Welche Auswirkungen haben zu kleine Toleranzen für die Fertigungs- und Prüfprozesse?
  • Erzeugung unbrauchbarer Produktspezifikationen durch Tolerierung von Nicht-Größenmaßen (z. B. Abstände, Winkelabstände, Radien & Co.)
  • Die wichtigsten Allgemeintoleranznormen (z. B. ISO 2768-1, -2; ISO 20457): Gefährliche Lücken und Anwendungsgrenzen
  • ISO 13715:2017: Diese Norm sollten Sie zu Beschreibung von Kanten mit unbestimmter Gestalt vermeiden bzw. die Anwendbarkeit sorgfältig prüfen
  • Strategien zur Vermeidung von mehrdeutigen Allgemeintoleranznormen in Technischen Produktspezifikationen
  • Die wichtigsten Default-Regeln (Vereinbarungen, die ohne gesonderte Symbolik verbindlich sind) des GPS-Normensystems der ISO
Themenbereich 5: Richtige Interpretation von Prüfergebnissen
  • Mindestanforderungen an Prüfprotokolle (u. a. VDI 2631 Blatt 9): Diese Informationen sollten enthalten sein
  • Das müssen Sie bei der Interpretation eines Prüfprotokolls wissen, um auf "Augenhöhe" kommunizieren zu können
  • Fehlerhafte Prüfergebnisse sicher erkennen und qualifiziert reklamieren
Themenbereich 6: Betriebliche Implementierung des GPS-Normensystems der ISO - Nutzen, Risiken und typische Fehler
  • Szenarien der betrieblichen Einführung von ISO GPS - Nur die richtige Planung garantiert den Erfolg
  • Herausforderungen für die Unternehmen, Kosten- und Zeitbudget
  • 15 Jahre Erfahrungen bei der Einführung von ISO GPS - Die wichtigsten Tipps aus erster Hand
  • Bringt die betriebliche Einführung von ISO GPS den Unternehmen tatsächlich einen "messbaren" wirtschaftlichen Vorteil? - Die Fakten
  • Wird die Rechtssicherheit von Produktspezifikationen durch Anwendung von ISO GPS tatsächlich erhöht? - Eine kritische Betrachtung
Themenbereich 7: Mindestanforderungen an Weiterbildungsmaßnahmen zu ISO GPS - So finden Sie den richtigen Anbieter, Abschlussdiskussion
  • Anforderung an die fachliche Qualifikation und praktische Erfahrung des Referenten
  • Vergleich zur Schulung und Implementierung von ASME Y14.5: ASME Y14.5.2:2000 (Certification of Geometric Dimensioning and Tolerancing Professio­nals)

Seminarinformationen

Seminarinformationen
Seminardauer:  2 Tage
Seminartyp:Inhouse
Code:GPS-KNWL Inhouse
Abschluss:Zertifikat
Bonus:Zugang zum Kundenbereich


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