Praxisbeispiele
Vorneweg: Das GPS-Normensystem der ISO (ISO GPS) ist kein – wie fälschlicherweise meist angenommen wird - neues „Tolerierungskonzept“, sondern ein auf mathematisch beschreibbaren Grundsätzen und Modellen basierendes, generisch aufgebautes und medienunabhängiges Regelwerk bzw. ein Operatorkonzept zur Beschreibung (Spezifikation) und Inspektion (Verifikation) der Mikro- und Makrogeometrie von Bauteilen und damit notwendige Voraussetzung für die digitale Transformation und Implementierung von Industrie 4.0 im CAD‐CAM‐CAQ‐Informationsverbund. Es ist anerkannter Stand der Technik und in Kunden-Lieferanten-Beziehungen meist rechtsverbindliche Vertragsgrundlage für die Produktentwicklung, die Produktion und Prozessüberwachung, die Qualitätssicherung und den Konformitätsnachweis, einschließlich Reklamationsmanagement. Es besteht heute aus mehr als 140 veröffentlichten und rund 15 in Vorbereitung befindlicher Standards.
Das GPS-Normensystem der ISO legt Konzepte, Prinzipien und Regeln fest, beschreibt Modelle für die Spezifikation und Verifikation und definiert Operatoren. Es beschreibt jedoch nicht, wie die in den einzelnen Standards definierten Regeln und "Werkzeuge" zur Lösung funktioneller Anforderungen unter Berücksichtigung fertigungs- und messtechnischer Randbedigungen sowie wirtschaftlicher Aspekte richtig angewandt werden. Ein wesentliches Alleinstellungsmerkmal unserer Dienstleistungen ist daher der Praxisbezug. Die nachfolgenden sehr einfachen Praxisbeispiele sollen Ihnen - jeweils ausgehend von der konstruktiven Aufgabenstellung - einen ersten Einblick in die konkrete Anwendung der "ISO-GPS-Toolbox" geben.
Bei der Lösung der nachfolgenden Praxisbeispiele zur dimensionalen und geometrischen Tolerierung auf Basis der aktuellen Normen zur Geometrischen Produktspezifikation (ISO GPS) werden Sie feststellen, dass die alleinige Kenntnis der Existenz sowie die richtige Deutung der Vielzahl, schwerpunktmäßig in den ISO-GPS-Normen beschriebenen „geometrischen Werkzeuge“ in der Regel nicht ausreicht, um ausgehend von den konstruktiv-funktionellen Anforderungen, eindeutige, funktionsorientierte und wirtschaftlich verifizierbare Tolerierungslösungen zu finden.
Viel wichtiger ist es, diese geometrischen „Werkzeuge“ am konkreten (firmenspezifischen) Fallbeispiel unter Berücksichtigung der jeweiligen funktions-, fertigungs- und messtechnischen Randbedingungen anzuwenden. Bei der Wahl einer sinnvollen und wirtschaftlichen Tolerierungsstrategie müssen daher zwingend werkstoff- und branchenspezifische Besonderheiten berücksichtigt werden. So sind beispielsweise viele funktionelle Abhängigkeiten an mechanischen Uhrenteilen, Kunststoff-Formteilen oder Bauteilen im Großmaschinenbau durchaus ähnlich, alleine aber die unterschiedlichen Dimensionen der Bauteile (und damit u. a. die eingeschränkten Möglichkeiten der Verifikation der spezifizierten Anforderungen), Besonderheiten des Werkstoffs (z. B. Schwindung oder Verzug bei Kunststoff-Formteilen) oder des Fertigungsverfahrens (z. B. Formschlägen bei Druckguss-, Spritzguss- oder Schmiedeteilen), erfordern zwingend eine darauf zugeschnittene Tolerierungsstrategie.
Vergleichen Sie die dimensionale und geometrische Tolerierung mit einem Schachspiel: Auch dort genügt die alleinige Kenntnis der Bewegungsmöglichkeiten einzelner Figuren nicht, um eine Partie zu gewinnen.
Wir halten es daher für unverzichtbar, unseren Kunden im Rahmen der angebotenen Dienstleistungen (Seminare, Workshops und Beratungen) die gesamte Tolerierungskette, beginnend mit der Identifikation der konstruktiven Anforderungen, über die funktionsgerechte Spezifikation unter Anwendung der aktuellen „GPS-Toolbox", bis zur wirtschaftlichen messtechnischen Umsetzung (Verifikation) unter Berücksichtigung der genannten Randbedingungen aufzuzeigen.
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Falls Sie Interesse an den Lösungsvorschlägen haben, nehmen Sie bitte Kontakt mit uns auf. Gerne senden wir Ihnen die Lösungen zu. Unsere Kunden erhalten die Lösungsvorschläge gemeinsam mit den Seminarunterlagen.
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Praxisbeispiel 1 - Geometrische Produktspezifikation - ISO GPS
Praxisbeispiel 1 zeigt vereinfacht eine Nutscheibe. Die Verdrehung der Nutscheibe wird durch eine Arretierrolle blockiert und soll sicherstellen, dass der Winkelabstand zwischen jedem Arbeitstakt eine sehr geringe Abweichung aufweist. Die Blockierung der Verdrehung wird anschließend durch die sehr kleinen keilförmigen Enden der Nuten sichergestellt. Die Aufgabe soll ausschließlich unter Verwendung von dimensionellen und geometrischen Toleranzen (Form- und Lagetoleranzen) auf Basis der aktuellen ISO-GPS-Normen (GPS = Geometrische Produktspezifikation) gelöst werden.
Tipp:
Zur Lösung des Beispiels sind insbesondere die ISO-GPS-Normen ISO 14405-1, ISO 1101 sowie ISO 5458 und ISO 5459 erforderlich. Insbesondere kommt bei der Lösung des Beispiels der Orientierungsebenenindikator (ISO 1101) zum Einsatz. Das Bauteil soll vollständig und eindeutig toleriert und auf die Verwendung mehrdeutiger Nicht-Größenmaße sowie lückenhafter Allgemeintoleranznormen (z. B. ISO 2768-1 und -2) soll verzichtet werden.
Im Falle der Spezifikation einer allgemeinen Profiltoleranz ist darauf zu achten, dass:
- an den Bezügen, dort wo erforderlich, keine Materialbedingung festgelegt wird,
- mit Blick auf die heutigen Möglichkeiten einer Messsoftware als Zielfunktion die L2-Norm angewandt wird,
- eine Regel definiert wird, die im Falle widersprüchlicher Spezifikationen eine Hierarchie festlegt (ggf. Default nach ISO 8015).
Praxisbeispiel 2 - Geometrische Produktspezifikation - ISO GPS
Zur Sicherstellung einer definierten Spaltbreite ist es mitunter erforderlich, die entsprechenden Geometrieelemente unter Verwendung von Profiltoleranzen am Nachbarbauteil "auszurichten", d. h. hinsichtlich Richtung bzw. Ort einzuschränken. Das Praxisbeispiel 2 hat daher die Positions- und Profiltolerierung (u. a. mit spezifiziert versetzter Toleranzzone) zum Inhalt. Die Aufgabe soll ausschließlich unter Verwendung von dimensionellen und geometrischen Toleranzen (Maß-,Form- und Lagetoleranzen) auf Basis der aktuellen ISO-GPS-Normen (GPS = Geometrische Produktspezifikation) gelöst werden.
Tipp:
Zur Lösung des Praxisbeispiels sind Kenntnisse der ISO-GPS-Normen ISO 1101, ISO 1660, ISO 5458 und ISO 5459 erforderlich. Auch bei diesem Beispiel soll die zulässige Abweichung des gefertigten (nicht idealen) Bauteils von seiner nominellen (idealen) Gestalt ohne die Verwendung von Allgemeintoleranzen, wie z. B. ISO 2768-1 und -2 vollständig und eindeutig beschrieben werden.
Im Falle der Spezifikation einer allgemeinen Profiltoleranz gelten ebenfalls die Hinweise aus Praxisbeispiel 1.
Praxisbeispiel 3 - Geometrische Produktspezifikation - ISO GPS
Praxisbeispiel 3 beinhaltet zwei Problemstellungen:
1. Modifikator für assoziiertes Geometrieelement: Wenngleich die standardmäßige Festlegung extrahierter, abgeleiteter Geometrieelemente nach ISO GPS (ISO 17450-3) eine gute Reproduzierbarkeit der Messergebnisse erlaubt, so entspricht sie in der Regel nicht den funktionellen Anforderungen. Aus diesem Grund ist es mitunter erforderlich, einen zweckentsprechenden Modifikator festzulegen, um zu kennzeichnen, dass sich die geometrische Spezifikation nicht auf das extrahierte, abgeleitete Geometrieelement selbst (ISO 17450-3), sondern auf ein assoziiertes toleriertes Geometrieelement bezieht.
2. Orientierungsebenenindikator: Spätestens seit Einführung von ISO 1101:2017 gibt die Orientierung der Hinweislinie des Toleranzindikators nicht mehr die Orientierung der Toleranzzone vor (u. a. um die digital erzeugten Toleranzinformationen einer Messsoftware zugänglich zu machen). Aus diesem Grund ist unter bestimmten Bedingungen (z. B. das tolerierte Geometrieelement ist eine mittlere Linie und die Toleranzzone wird durch zwei parallele Ebenen begrenzt oder das tolerierte Geometrieelement ist ein Mittelpunkt und die Toleranzzone wird durch zwei parallele Ebenen oder durch einen Zylinder begrenzt) die komplementäre Spezifikation eines Orientierungsebenenindikators erforderlich.
Die Aufgabe soll wiederum ausschließlich unter Verwendung von dimensionellen und geometrischen Toleranzen (Form- und Lagetoleranzen) auf Basis der aktuellen ISO-GPS-Normen (GPS = Geometrische Produktspezifikation) gelöst werden.
Tipp:
Zur Lösung des Beispiels sind insbesondere die ISO-GPS-Normen ISO 1101 sowie ISO 5459 erforderlich. Das Bauteil soll vollständig und eindeutig toleriert und auf die Verwendung mehrdeutiger Nicht-Größenmaße sowie lückenhafter Allgemeintoleranznormen (z. B. ISO 2768-1 und -2) soll verzichtet werden.
Im Falle der Spezifikation einer allgemeinen Profiltoleranz gelten ebenfalls die Hinweise aus Praxisbeispiel 1.
Praxisbeispiel 4 - Geometrische Produktspezifikation - ISO GPS
Praxisbeispiel 4 zeigt, dass für eine funktionsgerechte geometrische Tolerierung nicht nur das zu tolerierende Werkstück selbst, sondern auch die Geometrie des angrenzenden Bauteils berücksichtigt werden muss.
Obwohl sich das zu tolerierende Bauteil nicht ändert, müssen zur Lösung der beiden Varianten unterschiedliche Tolerierungsstrategien gewählt werden. Hierbei muss berücksichtigt werden, dass sich die beiden Platten („1" und „2") der Baugruppe zwischen Variante 1 und 2 auf unterschiedliche Weise zueinander ausrichten.
Zur Lösung der Aufgabe, d. h. zur geometrischen Beschreibung der beiden unterschiedlichen Funktionsanforderungen müssen die Freiheitsgrade des Situationselements der Toleranzzone durch die Situationselemente der Bezüge auf unterschiedliche Weise eingeschränkt werden.
Die Aufgabe soll ebenfalls ausschließlich unter Verwendung von dimensionellen und geometrischen Toleranzen (Form- und Lagetoleranzen) auf Basis der aktuellen ISO-GPS-Normen (GPS = Geometrische Produktspezifikation) gelöst werden.
Tipp:
Zur Lösung des Beispiels sind insbesondere die ISO-GPS-Normen ISO 1101, ISO 1660 sowie ISO 5459 erforderlich. Das Bauteil soll vollständig und eindeutig toleriert und auf die Verwendung mehrdeutiger Nicht-Größenmaße sowie lückenhafter Allgemeintoleranznormen (z. B. ISO 2768-1 und -2) soll verzichtet werden.
Im Falle der Spezifikation einer allgemeinen Profiltoleranz gelten ebenfalls die Hinweise aus Praxisbeispiel 1.
Praxisbeispiel 5 - Geometrische Produktspezifikation - ISO GPS
Praxisbeispiel 5 zeigt ein Umlenkprisma für ein optisches Instrument. An die einzelnen Geometrieelemente des Bauteils werden funktionsbedingt unterschiedliche Anforderungen an ihre zulässige Abweichung zur idealen Gestalt gestellt.
Die Aufgabe soll unter ausschließlicher Verwendung von dimensionellen und geometrischen Toleranzen (Form- und Lagetoleranzen) auf Basis der aktuellen ISO-GPS-Normen (GPS = Geometrische Produktspezifikation) gelöst werden. Teilweise müssen die Weiten der Toleranzzonen auf Basis der funktionellen Anforderungen berechnet werden.
Tipp: Für die Lösung der Aufgabe sind vertiefte Kenntnisse aus den ISO-GPS-Normen ISO 1101, ISO 1660 und ISO 5459 erforderlich. Insbesondere sind Kenntnisse über Modifikatoren erforderlich, mit deren Hilfe gekennzeichnet werden kann, dass sich die Spezifikation nicht auf das extrahierte, tolerierte (abgeleitete) Geometrieelement selbst, sondern auf ein mit diesem Geometrieelement assoziiertes Geometrieelement bezieht. Ferner kommen wieder der Orientierungsebenenindikator und die unspezifiziert versetzte Toleranzzone zur Anwendung.
Das Bauteil soll vollständig und eindeutig toleriert und auf die Verwendung mehrdeutiger und lückenhafter Allgemeintoleranznormen (z. B. ISO 2768-1 und -2) soll verzichtet werden.
Im Falle der Spezifikation einer allgemeinen Profiltoleranz gelten ebenfalls die Hinweise aus Praxisbeispiel 1.
Praxisbeispiel 6 - Geometrische Produktspezifikation - ISO GPS
Praxisbeispiel 6 zeigt einen typischen Anwendungsfall bei Vorhandensein von Nuten. Die Einhaltung einer definierten Nutbreite ist in vielen Bereichen sowie bei einer Vielzahl von Produkten (z. B. Dichtnuten in Gehäusen) ein qualitätsrelevantes Merkmal. Der absolute Wert der Spaltbreite ist dabei weniger von Bedeutung, hingegen darf sich aber die Breite der Nut nur in engen Grenzen verändern und es ist eine "Ausrichtung" am Bauteil (Schnittstellen zum benachbarten Werkstück der Baugruppe) selbst erforderlich. Das Beispiel zeigt ein Werkstück mit einer Nut, die den genannten Anforderungen genügen muss.
Die Aufgabe soll unter ausschließlicher Verwendung von dimensionellen und geometrischen Toleranzen (Form- und Lagetoleranzen) auf Basis der aktuellen ISO-GPS-Normen gelöst werden.
Tipp: Für die Lösung der Aufgabe sind Kenntnisse aus den ISO-GPS-Normen ISO 1101, ISO 5459 (u. a. "Nur-Richtungs-Modifikator") sowie ISO 14405-1 (sphärisches Größenmaß und Rangordungsgrößenmaße) erforderlich.
Das Bauteil soll vollständig und eindeutig toleriert und auf die Verwendung mehrdeutiger und lückenhafter Allgemeintoleranznormen (z. B. ISO 2768-1 und -2) soll verzichtet werden.
Lösungen zu den Praxisbeispielen
Für alle Praxisbeispiele stellen wir Ihnen die Lösungen auf Basis der aktuellen ISO-GPS-Normen zur Verfügung.
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